AMPLITUDE: Team Playbook – TP.5
Das Resilienz-Protokoll: Die klinische Autopsie des Scheiterns.
Die Herausforderung
Eine vom Team in der Modulations-Werkstatt (TP.4) beschlossene Intervention hat nicht das gewünschte Ergebnis erzielt oder das Klangbild
sogar verschlechtert. Der Plan ist mit der unkooperativen Physik der Realität kollidiert. Die STORM
-Frequenz im Team steigt.
Das System steht an einer Weggabelung. Der eine Pfad führt in die Eskalations-Falle: die Suche nach Schuldigen, die Verteidigung von Positionen, die Rechtfertigung des eigenen Handelns. Das ist die systemische Tendenz, die Energie nach innen zu verbrennen und aus einem operativen Rückschlag eine politische Niederlage zu machen.
Der andere Pfad ist eine Operation der Spionageabwehr gegen die eigene Selbsttäuschung. Er behandelt das Scheitern nicht als Urteil, sondern als den saubersten Datenstrom
, den ein System über seine eigenen Schwachstellen produzieren kann. Dieses Protokoll ist die operative Doktrin für diesen zweiten Pfad. Es verwandelt die Dissonanz des Scheiterns in die Antifragilität des Lernens.
Das Protokoll: „After-Action-Review für Frequenz-Modulation“
Frequenz: Immer, wenn ein Team-Experiment fehlschlägt oder ein unerwartetes negatives Ergebnis liefert.
Dauer: 30-45 Minuten.
Schritt 1: Sicherung & De-Eskalation (5 Min)
- Entscheidung zum Rollback: Das Team entscheidet gemeinsam und explizit, das Experiment zu beenden und zum vorherigen, stabilen Constraint-System zurückzukehren, falls nötig.
- Rahmen setzen: Der:die Moderator:in rahmt die Operation explizit als klinische Autopsie, nicht als Schuld-Tribunal. Die leitende Frage ist nicht: „Wer ist verantwortlich?“, sondern: „Was ist die unbequemste Wahrheit in dieser Situation und welche Information über die Physik unseres Systems liefert sie uns?“ Die Hypothese war falsch, nicht die Menschen.
- Somatischer Check: Jede:r teilt in einem Satz die eigene Körperempfindung (P.1), um die Dissonanz im Raum anzuerkennen und zu validieren. Das senkt die
STORM
-Frequenz und macht das System wieder aufnahmefähig fürSignale
.
Schritt 2: Forensische Analyse (15 Min)
- Was war die Wette? Das Team rekapituliert die exakte Hypothese aus TP.4: „Wir glaubten, wenn wir Constraint X modulieren, passiert Y.“
- Was war die Realität? Das Team beschreibt wertfrei, was tatsächlich passiert ist und wie sich das
Klangbild
verändert hat. (z. B. „Wir haben die Regel entfernt, und dieSTORM
-Frequenz ist explodiert, anstatt dassFLOAT
zunahm.“) - Was ist die Lücke? Wo lag der Unterschied zwischen unserer Annahme und der Realität? Hier geht es um Prozess-Feedback, nicht um Ergebnis-Feedback: Die Frage ist nicht nur, dass wir das Ziel verfehlt haben, sondern warum unser Prozess zu dieser Fehleinschätzung geführt hat.
Schritt 3: Das zweite Order-Lernen (10 Min)
- Die entscheidende Frage: „Was haben wir durch diesen Fehler über die unsichtbare Architektur unseres Systems gelernt?“ Diese Frage zwingt das Team, von der Ebene des Ereignisses auf die Ebene der Systemstruktur zu wechseln.
- Haben wir einen neuen, unerwarteten Engpass entdeckt?
- Haben wir eine kollektive Big Assumption von uns selbst aufgedeckt? Hat hier eine verborgene Immunity to Change unsere Intervention sabotiert?
- Haben wir die Reaktion einer externen Frequenz oder die Physik des Terrains fundamental falsch eingeschätzt?
- Ziel: Die Erkenntnis wird nicht als „Fehler“ gerahmt, sondern als neuer, wertvoller Datenpunkt über das System. Scheitern ist nur dann wertvoll, wenn es zu Lernen führt.
Schritt 4: Wissens-Integration (5 Min)
- Dokumentation: Die gewonnene Erkenntnis wird im Team-Logbuch festgehalten. Die gemeinsame
Karte
des Terrains wird aktualisiert. (z. B. „UnsereKarte
ging davon aus, dass die Lockerung von Prozess-Constraints zuFLOAT
führt. DasTerrain
hat gezeigt, dass sie zuSTORM
führt. Hypothese: Es fehlt ein grundlegendes Sicherheitsgefühl.“). - Neue Hypothese: Das Team formuliert eine neue, durch die Autopsie informierte Hypothese für die nächste Modulations-Werkstatt.
Praxis-Imperativ dieser Woche
Eure Mission ist es, die Fähigkeit zur kühlen Autopsie zu trainieren. Identifiziert ein kleines, kürzlich „gescheitertes“ Meeting, eine Initiative oder eine Entscheidung in eurem Team. Führt retrospektiv das vollständige Resilienz-Protokoll durch. Euer Ziel ist nicht, Schuldige zu finden oder euch schlecht zu fühlen. Euer Ziel ist es, eine neue, nützliche Erkenntnis über die „Physik eures Systems“ zu gewinnen, die ihr ohne diesen Fehler nicht bekommen hättet. Feiert diese gewonnene Einsicht als echten Fortschritt.